VPLT-Artikel

Mitglieder Webcall

31. August 2020, 13 bis 15.00 Uhr

1. Politische Arbeit des VPLT

Randell Greenlee fasste die politischen Aktivitäten des VPLT zusammen und gab seine Einschätzung der aktuellen Situation rund um die Corona-Krise:



A) Zentral im Mittelpunkt der aktuellen Forderungen des VPLT steht ein Sonderprogramm für die VA-Branche. Es muss mit einer finanziellen Unterstützung so lange gelten, bis die Veranstaltungswirtschaft wieder geschäftlich tätig werden kann. Es ist das entscheidende Instrument, um die Zukunft der VA-Branche zu sichern. Die Berechnungsbasis für die finanzielle Hilfe: Prozentualer Anteil der gemittelten Umsätze aus dem Jahr 2019.

B) Wichtig ist außerdem die Streichung der Obergrenze von 800.000 Euro bei Krediten beziehungsweise Förderungen generell. Unternehmen benötigen Zugriff auf Zuschüsse, unabhängig von einer Kreditvergabe. Erschwerend kommt hinzu, dass Kredite während der Corona-Krise unternehmerisch sowieso fragwürdig sind und sich Banken zurückhaltend verhalten. Unabhängig davon müssen die Rahmenbedingungen für Kredite dennoch verbessert werden: Abmilderung der Rating-Anforderungen, Flexibilisierung beim tilgungsfreien Zeitraum, Verlängerung der Laufzeiten und Haftungsfreistellung auf 100 Prozent.

C) Zwar muss die Überbrückungshilfe weiterlaufen. Aktuelle Berichterstattung, zum Beispiel in der FAZ (https://www.faz.net/2.1652/corona-ueberbrueckungshilfen-mittel-kommen-kaum-bei-betrieben-an-16930044.html), bestätigt aber die frühe Einschätzung des VPLT, dass sie nicht zielführend sind. Aktuell sind lediglich ein Prozent der Milliardenhilfe an notleidende Unternehmen ausbezahlt worden. Auch die VPLT-Umfrage unter Mitgliedern belegt zahlreiche bürokratische Hürden bei Beantragung und Auszahlung. Viele Mitglieder haben bereits berichtet, dass sie aufgrund dieser Hürden, aber auch wegen Zusatzkosten, auf eine Beantragung verzichten. Speziell für die VA-Branche sind die Überbrückungshilfen nicht hilfreich und schon gar nicht ausreichend. Ein Grund für die Unzulänglichkeit der zahlreichen Hilfsprogramme: Die Regierung hat sie in dieser Corona-Krise „mit heißer Nadel gestrickt“ und die einzelnen Programme nicht in ihrer Gesamtheit betrachtet.

D) Diskutiert wurde außerdem die finanzielle Falle, in die Unternehmen und selbständige Einzelunternehmer geraten können, die im Zuge der Corona-Krise gleichzeitig KfW-Kredite und Zuschüsse beantragen und erhalten. Das Problem hierbei: Die Zuschüsse werden mit dem KfW-Kredit verrechnet. In der Folge werden die Zuschüsse von den Behörden also gar nicht gewährt – oder derjenige, der sie erhalten hat, muss sie an die Behörde zurückzahlen. Der VPLT hat direkt nach dem Webcall seine Mitglieder über dieses Problem informiert.

E) Es braucht mehr Flexibilität beim Kurzarbeitergeld: Mitarbeiter müssen leichter Möglichkeiten erhalten, etwas hinzu zu verdienen.

F) Es braucht eine pauschalisierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen bei Einkommen- und Körperschaftssteuer.

G) Das „Arbeit-für-Morgen-Gesetz“ muss erweitert und verbessert werden, zum Beispiel mit der Zulassung von weiteren branchenspezifischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen.

H) In seiner Lobbyarbeit konzentriert sich der VPLT zurzeit auf die Bundesministerien in Berlin beziehungsweise das Bundeskanzleramt. Im Mittelpunkt stehen Bundeswirtschaftsministerium, Bundesfinanzministerium und Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Zu bedenken ist bei Verhandlungen mit politischen Entscheidungsträgern: Der Wahlkampf hat begonnen. Da der Rettungsschirm in der Corona-Krise bereits beschlossen ist, sind Bundestag beziehungsweise Bundesrat für Verhandlungen momentan nicht entscheidend.

Einzelgespräche auf Ministerebene gibt es zudem in unterschiedlichen Ländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg oder Hessen. Gespräche laufen außerdem auf EU-Ebene, zum Beispiel über PEARLE* oder das Corona Response Team. Ansprechpartnern in der EU sind die Probleme der VA-Branche bewusst. Ihr Tenor: Wenn Deutschland finanzielle Unterstützung für die VA-Branche fordert, wie bereits in Teilmärkten der Reisebranche (TUI, Lufthansa) geschehen, wird die EU reagieren.

2. Großdemonstration #AlarmstufeRot

Der VPLT wird an der Großdemonstration #AlarmstufeRot teilnehmen, allerdings nicht federführend. Die Forderungen der Branche sind jedoch fast deckungsgleich, auch weil sich dafür viele Verbände zusammengeschlossen haben.

Alexander Ostermaier und Marcel Fery gaben einen kurzen Zwischenstand. Trotz bisher erfolgreicher Planung der Demonstration gibt es noch einige Herausforderungen: Idealerweise kommen auf der Bühne auch Politiker, Künstler und Vertreter von Industrie und Sport zu Wort. Messegesellschaften haben eine Teilnahme bereits abgesagt, die Veranstalter halten sich bedeckt. Aktuell konnten noch keine prominenten Künstler als kommunikatives Zugpferd gewonnen werden. Eventuell zögern diese auch wegen der bisher niedrigen Teilnehmerzahl. Besprochen wurde im Webcall nämlich die bisher geringe Anmeldung, die zurzeit bei rund 1 Prozent liegt. Die Botschaft an die Politik von einer Million gefährdeter Beschäftigten sei dann nicht glaubhaft zu vermitteln. Als mögliche Hinderungsgründe wurden genannt: Mangelnde Bereitschaft, fehlende finanzielle Mittel oder Zeitmangel aufgrund aktueller Beschäftigung.

Mitglieder im Webcall waren einer Meinung: Es braucht diesen Druck von der Straße, auch begleitend zu Gesprächen mit der Politik. Die Demo ist noch mal die zentrale Chance, um auf das Problem der VA-Branche aufmerksam zu machen. Für mehr Teilnehmer müssten Geschäftsführer ihre Mitarbeiter aktivieren, die wiederum ebenfalls ihre Familien. Denn auch diese sind von finanzieller Hilfe durch die Politik abhängig. Genauso sind andere Firmen in der Wertschöpfungskette gefragt. Besprochen wurden Bustransfers für Anreisende aus der Republik. Appelliert wurde, die Initiative #AlarmstufeRot auch finanziell für ihre unterschiedlichen Projekte zu unterstützen. Alle Engagierten sind dort kostenlos tätig.

3. Wahrnehmung und Kommunikation der VA-Branche

Diskutiert wurden im Webcall außerdem mögliche Gründe für die bisher zögerliche Hilfe durch die Politik: Heterogenität der Branche und ein fehlender Bundesbeauftragter. Viele Teilnehmer sprachen davon, dass die Politik die VA-Branche in ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung, der erfolgreichen internationalen Ausrichtung und in ihrem großen B2B-Bereich noch immer nicht genug kennen. Die Wahrnehmung der VA-Branche ist im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen zu gering. Hinzu kommen überproportional viele kleine Firmen, widerstrebende Partikularinteressen, kein Schulterschluss genauso wie nach wie vor fehlende, valide Daten. Allerdings ist aktuell im Rahmen der IGVW eine Marktstudie geplant, die umfassender und nachhaltiger Zahlen aus der VA-Branche liefern soll als bisherige Studien. Diskutiert wurde auch die Angst der Bevölkerung, überhaupt an Veranstaltungen teilzunehmen, beziehungsweise die fehlende Bereitschaft der Politik, diese trotz inzwischen zahlreicher Konzepte freizugeben.

4. Konzepte und Verordnungen

Falco Zanini wies darauf hin, dass die Behörden auf Länderebene verstärkt in den Fokus gehören. Sie müssen über bereits existierende Hygienekonzepte informiert werden. Ziel sind Verordnungen, zum Beispiel wie in NRW, die bundesweit mehr Flexibilität bei Besucherzahlen ermöglichen. Auch in den Medien würde zu wenig darüber informiert, dass bestimmte Events mit zu 1000 Personen bereits wieder mit entsprechendem Konzept erlaubt sind. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang auch die Vor- und Nachteile von Schnelltests für eine Exitstrategie.

5. Green Deal

Ein Thema neben der Corona-Krise: Die VA-Branche ist aufgefordert, sich beim Green Deal zu engagieren. Zurzeit gibt es in der VA-Branche keine spezifischen Regeln. Das wird sich aber ändern. Zu beachten sind EU-Vorgaben in Bezug auf Nachhaltigkeit und Kreiswirtschaft, die idealerweise von Anfang an mitgetragen werden. Relevant sind hier der Product Environmental Footprint (PEF), aber auch der Organisation Environmental Footprint (OEF). Beim Green Deal spielen nämlich nicht nur ökologische Themen eine Rolle. Eine weitere Säule sind die sozialen Rechte. Der VPLT kommentiert und gestaltet den Green Deal zurzeit über seine zahlreichen Gesprächspartner in den Ministerien in Berlin und Brüssel.

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